Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung sind alle Teile der Welt besser vernetzt als je zuvor. Organisationen und damit ihre Meetings und Konferenzen werden hinsichtlich ihrer Mitglieder bzw. Teilnehmer immer diverser. Denken Sie nur an die Abläufe bei den Vereinten Nationen, an denen Dutzende Nationalitäten (und Sprachen) beteiligt sein können. Das alles führt zu einem großen Bedarf an Dolmetschservices, um sich gegenseitig zu verstehen. Doch Dolmetscher ist nicht gleich Dolmetscher. Je nach Situation sind unter Umständen andere Fertigkeiten gefragt.
In diesem Beitrag geht es um Präsenzdolmetscher, ihre Fertigkeiten und einige der Rollen, die sie in der Regel übernehmen.
Was macht ein Präsenzdolmetscher?
Ein Präsenzdolmetscher überträgt das Gesagte von Angesicht zu Angesicht – auf der Veranstaltung. Dieses Präsenzdolmetschen trägt dazu bei, die genaue Kommunikation zwischen den Sprechern verschiedener Sprachen abzusichern. Präsenzdolmetschen bietet allen Beteiligten ein besseres Erlebnis: Jeder kann die Körpersprache und andere nonverbale Signale des anderen erfassen und somit Verständnislücken im Gesagten füllen.
Gegenüber dem Dolmetschen aus der Ferne werden Präsenzdolmetscher häufig bevorzugt, weil ihre Anwesenheit einen zusätzlichen beruhigenden Effekt haben kann. Zweifelsohne ist es ein gutes Gefühl, mit eigenen Augen zu sehen, wie die Arbeit erledigt wird. So können Sie sicherstellen, dass alles zu Ihrer Zufriedenheit ist.
Arten des Präsenzdolmetschens
Ein Präsenzdolmetscher hat zwei Möglichkeiten, seinen Auftrag zu erfüllen: per Konsekutiv- oder Simultandolmetschen.
Konsekutivdolmetschen
Beim Konsekutivdolmetschen sprechen der eigentliche Sprecher und der Präsenzdolmetscher abwechselnd. In der Regel sagt der Sprecher einige Sätze und pausiert dann, damit der Dolmetscher das Gesagte übertragen kann. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis die Botschaft komplett übermittelt wurde.
Wenn der Sprecher längere Zeit ohne Unterbrechung vorträgt, macht sich der Präsenzdolmetscher währenddessen Notizen, um das Gesagte hinterher korrekt wiedergeben zu können.
Neben seinen Sprachkenntnissen benötigt ein Konsekutivdolmetscher drei andere wichtige Fertigkeiten:
- Aktiv zuhören können (Verstehen) – Der Zweck des Zuhörens ist ein anderer, daher ist aktives Zuhören gar nicht so selbstverständlich. Im Normalfall hören die Teilnehmer eines Gesprächs zu, um etwas zu erwidern. Der Dolmetscher hört zu, um das Gesagte genau abzuspeichern und korrekt wiedergeben zu können.
- Analysieren können (Notizen machen) – Hierbei ist es nötig, primäre und sekundäre Informationen unterscheiden und entsprechend priorisieren zu können. Neben dem „Was“ muss ein Dolmetscher auch das „Wer“, „Warum“, „Wo“ und „Wie“ im Kopf behalten. Das heißt, er muss wissen, wer was wann und wo gesagt hat, ob der Sprecher eine Meinung dazu hat usw.
- Reproduzieren können (Kommunikation) – Hierbei ist ein hervorragendes Kurzzeitgedächtnis erste Pflicht. Dann kommt das schnelle Entschlüsseln der Botschaft, zum Beispiel anhand der Notizen, und ein animierender Vortrag des Gesagten
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Simultandolmetschen
Beim Simultandolmetschen überträgt der Präsenzdolmetscher das Gesagte, während der Sprecher noch spricht – eben simultan, also gleichzeitig. Die dafür nötigen Fertigkeiten ähneln sehr stark denen oben genannten, die beim Konsekutivdolmetschen erforderlich sind.
Allerdings gibt es einen großen Unterschied: Alle drei Kompetenzen müssen zur selben Zeit angewendet werden, was die Aufgabe deutlich komplexer macht. Neben den für das Konsekutivdolmetschen nötigen Fertigkeiten – also aktives Zuhören, Differenzieren zwischen primären und sekundären Informationen sowie ein gutes Erinnerungsvermögen – müssen Simultandolmetscher auch abschätzen können, wie der Sprecher aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Satz beenden wird. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn sich die Ausgangs- und die Zielsprache in ihren syntaktischen Strukturen stark unterscheiden.
Auf Simultandolmetschern lastet ein besonders hoher Druck, da sie gleichzeitig aktiv zuhören, das Gesagte analysieren und die Botschaft übersetzen müssen. Daher brauchen sie eine hohe Stressresistenz und außergewöhnlich gute Sprachkenntnisse, um all diese Anforderungen simultan erfüllen zu können.
Wo werden Präsenzdolmetscher eingesetzt?
Zusätzlich zu den Sprachmittlungsfähigkeiten muss ein Präsenzdolmetscher auch über Kenntnisse der jeweiligen Materie verfügen, wozu auch der Fachjargon der Branche gehört. Nur so kann er verhindern, dass er beim Dolmetschen auf Verständnisprobleme stößt und in der Folge die Kommunikation scheitert.
Hier sind einige Einsatzbereiche, in denen Präsenzdolmetscher besonders häufig arbeiten.
- Recht – Präsenzdolmetscher ermöglichen den Austausch zwischen Juristen und ihren Klienten. Dabei kann es beispielsweise um persönliche Besprechungen, Aussagen unter Eid, Scheidungsverhandlungen, Testamentsverlesungen oder sonstige juristische Angelegenheiten gehen.
- Gesundheitswesen – Hier sind Dolmetschservices für Ärzte, Pflegepersonal und andere Mitarbeiter sowie für Patienten gefragt. Der Präsenzdolmetscher erleichtert die Kommunikation zwischen Personal und Patienten, indem er medizinisch relevante Informationen wie z. B. Symptombeschreibungen, Diagnosen oder Hinweise zu Rezepten und Verordnungen in die jeweils andere Sprache überträgt.
- Geschäftswelt – Im Auftrag von Unternehmen, die sich auf einem anderssprachigen Markt etablieren möchten, sorgen Präsenzdolmetscher dafür, dass alle Stakeholder über Produktinformationen, Funktionsbeschreibungen und andere wichtige Details im Bilde sind. Mit seinen Services trägt er dazu bei, die Wahrnehmung und Glaubwürdigkeit einer Marke im Zielmarkt zu verbessern.
Präsenzdolmetscher auch in Zukunft gefragt
Trotz aller technischen Fortschritte, die Services wie das Videodolmetschen hervorgebracht haben, sind Präsenzdolmetscher nach wie vor sehr gefragt. In bestimmten Situationen braucht es einfach ein menschliches Gegenüber vor Ort. Hohe Anforderungen in puncto Korrektheit, Kommunikationseffizienz, Empathie und sprachliches Können machen das Präsenzdolmetschen zur Methode der Wahl bei vielen Veranstaltungen und Verhandlungen mit internationaler Beteiligung – vor allem dann, wenn viel auf dem Spiel steht oder es um sensible Informationen geht.