Kürzlich trat ein Kunde mit einer speziellen Herausforderung an uns heran: Er wollte eine sehr große Textmenge lokalisieren lassen, stand aber unter gehörigem Zeitdruck.
Der Kunde, ein multinationaler E-Commerce-Riese, plante eine Werbekampagne mit anspruchsvollen Inhalten, die binnen zwölf Stunden zu übersetzen waren – nicht einmalig, sondern jeden Tag, in sieben verschiedene Sprachen. Gesamtumfang pro Monat: fünf Millionen Wörter. Also wollte der Kunde von uns wissen, wie wir rund um die Uhr und über mehrere Zeitzonen hinweg die gewünschten Durchlaufzeiten und Volumina gewährleisten können.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Vielleicht ist Ihnen auch eines oder mehrere dieser geläufigen Szenarien vertraut:
- Eine unvorhergesehene Anpassung, die große Content-Mengen betrifft – ein häufiges Szenario bei globalen Unternehmen. Großprojekte können sich ganz plötzlich auftun. Gründe dafür gibt es viele: zum Beispiel, wenn ein Content-Team isoliert arbeitet oder wenn ein unerwartetes Ereignis eintritt, etwa die Verzögerung einer Kampagne oder Bugs in der neuen Softwareversion.
- Eine geplante Content-Spitze infolge vorsehbarer Ereignisse. Dies könnte etwa bei einer saisonalen Werbekampagne oder regelmäßigen Software-Releases der Fall sein. In diesem Szenario haben Sie eine gewisse Vorlaufzeit, um die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen.
- Schwankende Volumina. Zu Beginn des Projekts stehen zwar alle Ressourcen bereit, doch müssen diese dann auf diverse Aufgabenpakete verteilt werden, die mal größer, mal kleiner ausfallen. Die dafür nötige Flexibilität kann Ihnen nur ein großer Sprachdienstleister bieten.
Ob vorhersehbar oder unerwartet, mit konstantem oder schwankendem Volumen – jedes umfangreiche Vorhaben bringt besondere Herausforderungen mit sich. Selbst geplante Spitzen gehen oft mit Produktivitätsengpässen einher, denn damit ein Übersetzungsprojekt nicht aus dem Ruder läuft, kann nur eine begrenzte Zahl an Linguisten gleichzeitig daran arbeiten.
Mit Schwierigkeiten dieser Art sehen sich unsere globalen Kunden immer wieder konfrontiert. Um Content-Spitzen, knappe Durchlaufzeiten und immer mehr Zielsprachen unter einen Hut zu bekommen, sind kreative Lösungen gefragt. Wir haben deshalb fünf Methoden zusammengestellt, die Ihnen bei der Planung und Ausführung umfangreicher Projekte helfen können:
1. Projektautomatisierung
Gute Übersetzungsmanagementsysteme (TMS-Tools) verfügen heutzutage über automatisierte Schnittstellen zu Content-Management-Systemen, sodass Übersetzer Content sofort nach der Veröffentlichung bearbeiten können.
Noch größere Vorteile für Großprojekte bieten Component-Content-Management-Systeme (CCMS). Sie teilen große Content-Volumina in kleinere Einheiten auf, die später wieder zusammengefügt werden können. Damit sind CCMS ideal für modular aufgebauten Content mit unveränderlicher Grundstruktur, aber variierenden Einzelinhalten, wie es etwa bei Webseiten oder Produktdokumentationen der Fall ist. Kleinere Textchargen sind für Übersetzer nicht nur leichter einzutakten, auch bei der Review und Überarbeitung können sich Effizienzvorteile gegenüber sehr großen Dokumenten ergeben. Der Übersetzungsvorgang insgesamt wird dadurch dynamischer.
Darüber hinaus bietet ein CCMS Projektmanagement-, Aufgabenplanungs- und Nachverfolgungsfunktionen und dient als zentraler Kommunikationskanal, in dem wesentliche Informationen für alle Stakeholder zusammenlaufen. Probleme oder Verzögerungen aufgrund fehlender oder unklarer Informationen lassen sich so besser vermeiden, und zusätzliche E-Mails entfallen. Alternativ kann die Kommunikation per E-Mail auch durch eine schnelle Plattform für die Zusammenarbeit, wie Slack oder Microsoft Teams, ersetzt werden. Behalten Sie dabei aber im Hinterkopf, dass eine Automatisierung nur dann zielführend ist, wenn der Nachrichtenaustausch zwischen Kunde und Übersetzer ungehindert fließen kann.
2. Schnelle Personalaufstockung
Wenn große Content-Mengen lokalisiert werden sollen, muss schnell ein vielköpfiges Team her. Dazu müssen auf schnellstem Wege Dienstleister eingebunden werden, mit denen Sie derzeit (noch) nicht zusammenarbeiten. Und deren Eingliederung sollte natürlich möglichst effizient ablaufen.
Im Rahmen des Recruiting- und Onboarding-Prozesses muss sichergestellt werden, dass die Übersetzer über die nötigen Kompetenzen und das richtige Fachwissen verfügen. Außerdem müssen ihnen projektspezifische Informationen bereitgestellt werden. Ein allzu komplizierter Prozess kostet jedoch wertvolle Zeit, ist aufwendig und bringt Mehrkosten mit sich. Je effizienter der Prozess, desto kostengünstiger ist er und desto schneller kann der Dienstleister mit seiner wertschöpfenden Arbeit beginnen. Folgerichtig wäre hier also, den Prozess auf die relevanten Schritte zu kürzen.
Viele Unternehmen vergeuden nach unserer Beobachtung zu viel Zeit darauf, Kandidaten anhand ihrer Lebensläufe und früheren Projekte auszuwählen. Bei einem Großprojekt mit hohem Personalbedarf ist es jedoch sinnvoller, bei den eigenen Anforderungen anzusetzen.
Relevant sind im Grunde nur die Sprachenkombination, das Fachgebiet und vielleicht die Berufsjahre eines Kandidaten. Eine eingehende Lebenslaufprüfung ist dagegen überflüssig. Sie bringt keinen Mehrwert und kann im Gegenteil sogar dazu führen, dass überqualifizierte Kandidaten verpflichtet werden. Stattdessen empfiehlt es sich, passende Kandidaten sofort mit einer Probeübersetzung zu beauftragen und dann die Eignung für die Aufgabe abzuschätzen.
3. Dynamische Personalbeschaffung
Ein weiteres mögliches Szenario wäre, dass Sie ein Projekt auf mehrere Dienstleister verteilen, die sich jedoch nicht alle als gleichermaßen qualifiziert erweisen.
Nehmen wir an, Ihr Team umfasst drei Übersetzer. Vergeben Sie sämtliche Aufträge immer nur an einen davon, fehlt den beiden anderen die nötige Produktkenntnis, wenn sie im Bedarfsfall einspringen sollen.
Oder nehmen wir dieses Beispiel: Um neue Teammitglieder anzulernen, setzen Sie Ihre beste Übersetzerin neuerdings als Reviewerin ein. Da Reviews schneller gehen, kann sie natürlich viel größere Textmengen bewältigen, als wenn sie alles selbst übersetzen müsste. Allerdings wird die eigentliche Hauptaufgabe – die Übersetzung – dann nicht mehr von Ihrer erfahrensten Fachkraft erledigt, sondern von Teamneulingen, die mit der Thematik nicht vertraut (und schlimmstenfalls sogar unterqualifiziert) sind.
Damit solche Situationen gar nicht erst eintreten, empfiehlt es sich, Aufgaben von Anfang an gleichmäßig zu verteilen. Wenn Sie 1800 Wörter pro Tag zu vergeben haben, beauftragen Sie also – wenn möglich – lieber drei Übersetzer mit jeweils 600 Wörtern, anstatt alles auf eine Karte zu setzen. So steht Ihnen fürs nächste Großprojekt zumindest theoretisch die dreifache Kapazität an erfahrenen Linguisten zur Verfügung.
4. Übersetzerkapazität
Ihr Übersetzer hat eine feste Kapazität von acht Stunden am Tag. Damit ist er eine endliche Ressource – und seine Zeit entsprechend kostbar. Aus diesem Grund möchten Sie natürlich, dass der Übersetzer so effizient wie möglich arbeitet und auf Anhieb ein veröffentlichungsreifes Ergebnis liefert.
Wie lässt sich dies sicherstellen? Eine Möglichkeit wäre, dem Übersetzer alle nötigen Tools und Ressourcen (Terminologie, Translation Memorys, Style Guides und Referenzmaterial) zur Verfügung zu stellen, damit er seine acht Stunden möglichst produktiv nutzen und fehlerfrei arbeiten kann.
Daneben gibt es weitere Optionen, Kapazitätsengpässe zu bewältigen, insbesondere wenn Sie mit einem großen Sprachdienstleister (LSP) zusammenarbeiten. Größere LSPs sollten über einen entsprechenden Übersetzerpool verfügen, aus dem in Spitzenzeiten geschöpft werden kann. Und selbst wenn bereits jeder Übersetzer auf ein eiliges Projekt angesetzt ist, kann er bei anderen Projekten aushelfen, sobald seine Kapazitäten dies wieder erlauben.
Die Vorteile für Sie liegen auf der Hand: Sie optimieren Ihre Kosten, da der Übersetzer täglich mit einem bestimmten Pensum ausgelastet wird und Projekte mit hoher Priorität stets zuerst bearbeitet. Damit kommen Sie den Terminvorstellungen Ihres Endkunden entgegen, während Sie weniger eilige Projekte bei schwächerer Auftragslage vergeben können. Davon profitieren alle Beteiligten, und die Preise bleiben stabil.
Aber auch falls Sie nicht mit einem großen LSP zusammenarbeiten, gibt es passende Optionen für Sie, wie wir im Folgenden sehen werden.
5. Vollzeit- oder Teilzeitübersetzer
Für Ihr Lokalisierungsprojekt können Sie grundsätzlich auf verschiedene Arten von Übersetzern zurückgreifen: solche, die in Vollzeit für Sie tätig sind (meist im Rahmen einer Festanstellung), oder solche, die Ihnen nur in Teilzeit zur Verfügung stehen (in der Regel als Freiberufler).
Durch eine Kombination aus beidem können Sie sowohl absehbare als auch überraschende Auftragsschwankungen abfedern. Für normale oder unterdurchschnittliche Volumina genügen Ihre festangestellten Mitarbeiter, bei Auftragsspitzen können Sie die Freiberufler hinzuziehen.
Unter der Maßgabe, dass Ihre freiberuflichen Partner verfügbar sind und ausreichende Kapazitäten haben, ist diese flexible Mischung ideal, um die Übersetzerkapazitäten im Bedarfsfall schnell aufzustocken, ohne dass Ihre Stammbelegschaft in ruhigeren Zeiten Däumchen drehen muss.
Fazit
Der Schlüssel zur Bewältigung großer Auftragsspitzen liegt in einem guten Risikomanagement, das heißt, in der Identifizierung aller möglichen Risiken und deren Berücksichtigung in der Planung.
Ganz wesentlich ist dabei, wie wir oben gesehen haben, dass Sie schnell ein Team zusammenstellen und die richtigen Tools und Abläufe bereitstellen. Nachdem Sie Ihre Flexibilitäts- und Ressourcenanforderungen ermittelt haben, sollten Sie einen agilen Ansatz zur Ressourcenverwaltung wählen und sicherstellen, dass alle an der Lokalisierung beteiligten Akteure reibungslos miteinander kommunizieren.
Letztlich ist natürlich jede Herausforderung anders. Haben Sie noch Fragen zur erfolgreichen Skalierung Ihres Lokalisierungsprojekts? Dann wenden Sie sich einfach an uns – gemeinsam finden wir eine passende Lösung.