Ein umfassender Ansatz zur Kulturalisierung

Egal, ob Unternehmen weltweit oder nur auf lokaler Ebene agieren, wer als Marke Er­folg haben will, braucht eine per­sönliche Note. Eine An­passung einzelner Marken­aspekte an die lokale Ziel­gruppe ist von un­schätz­barem Wert, mehr noch, eine solche „Kulturalisierung“ kann über Erfolg und Scheitern entscheiden.

Doch trotz aller Vor­teile ist das Kon­zept der Kulturalisierung für viele Unter­nehmen schwer zu fassen. Chui Chui Tan, Gründerin und Geschäfts­führerin von Beyo Global, er­läutert im Podcast „Globally Speaking Radio“, warum dieses Kon­zept gerade für Unter­nehmen, die eine globale Kund­schaft an sich binden wollen, so wichtig ist.

Was ist Kulturalisierung?

Einfach gesagt ist Kulturalisierung eine Methode, mit der Content für Per­sonen­gruppen mit unter­schiedlichen kulturellen und geo­grafischen Hinter­gründen an­gepasst wird. Die Kulturalisierung geht über den üb­lichen An­satz der Lo­kalisierung hi­naus, da sie ein um­fassendes Ver­ständnis der demo­grafischen Be­sonder­heiten der Ziel­gruppe an­strebt, auf dessen Grund­lage Unter­nehmen dann Pro­dukte, Services und Mit­teilungen passend zu Ihrer Ziel­gruppe ge­stalten können.

Im Podcast legt Tan die Unter­schiede zwischen Kulturalisierung und Lokalisierung dar – eine wichtige Unter­scheidung, da beide Begriffe irr­tümlich oft gleich­bedeutend ver­wendet werden. Bei der Lokalisierung geht es um die An­passung von Sprache und Content an lokale Ziel­gruppen, die Kulturalisierung hingegen fragt zu­sätzlich: Wie kommuniziere ich mit meiner Ziel­gruppe, um ihnen ein optimales und kulturell an­gemessenes Kunden­erlebnis zu bieten?.

Kulturalisierung in der Praxis

Kundentreue basiert auf Vertrauen. Ein Unter­nehmen, dem es nicht gelingt, bei seinen Kunden eine Ver­trauens­grundlage zu schaffen, wird nur mit Mühe Kunden ge­winnen und an sich binden können. Chui Chui Tan zufolge lassen sich Stra­tegien und Marken­versprechen zur Stärkung der Kunden­beziehungen nur formulieren, wenn das Unter­nehmen die An­forderungen, Motivationen, Ver­haltens­weisen und Frustrationen der lokalen Kundschaft kennt.

Kulturalisierung ermöglicht es globalen Marken, das Ver­trauen ihrer Kund­schaft zu ge­winnen, indem sie Content in den richtigen Kontext einrahmen. Dies lässt sich in drei Schritten er­reichen, die wir im Folgenden näher erläutern. Jeder Schritt erhöht die Komplexität, sorgt aber zu­gleich für ein positiveres Echo seitens der Kunden.

Vertrauen und Authentizität schaffen

Kunden erwarten heutzutage ein ge­wisses Maß an Auf­merksamkeit, wenn sie einer Marke ver­trauen sollen. In diesem Kontext sind Sen­sibilität, Ver­trauen und Authentizität not­wendige Voraus­setzung für eine enge Kundenbindung.

Umgekehrt kann es passieren, dass Kunden auf­grund eines Miss­geschicks oder willentlicher Fehl­information seitens des Unter­nehmens sofort das Ver­trauen ver­lieren und sich von einer Marke abwenden. Als Beispiel verweist Tan auf mehrere große Unter­nehmen, die 2018 irrtümlich Tibet und Taiwan als eigen­ständige Länder auf­geführt hatten. „Solche geo­politischen Fehler unter­laufen Unter­nehmen sehr schnell“, erklärt sie. Der Fehler an sich lässt sich zwar schnell be­heben, doch die Wieder­herstellung des Kunden­vertrauens ist weitaus schwieriger.

Kulturelle Erwartungen erfüllen

Je ausgefeilter der Kulturalisierungs­prozess ist, desto enger werden die Be­ziehungen zur Kund­schaft. Wenn erst einmal ein solides Ver­trauens- und Authentizitäts­fundament ge­legt wurde, folgt als logischer nächster Schritt die Be­rück­sichtigung be­sonderer kultureller Er­wartungen. „Wer es versäumt, sich Respekt zu ver­dienen, muss mit Ansehens­verlusten rechnen, die sich nur schwer wieder­gutmachen lassen“, mahnt Tan. Wichtig ist ein gutes Ver­ständnis grundlegender kultureller Aspekte, die ver­meintliche Kleinig­keiten wie diese umfassen können:

  • Währung – Verwendung der richtigen Währung und des richtigen Währungssymbols für den Zielmarkt
  • Symbole – Kenntnis von der regional unterschiedlichen Wirkungs- und Anwendungsweise bestimmter Symbole
  • Metriken – korrekter Umgang mit den vor Ort üblichen Maßeinheiten (z. B. metrische oder angloamerikanische Maße)

Tan betont, dass die korrekte An­passung solcher Fein­heiten an die jeweilige Ziel­kultur für ein naht­loses Kunden­erlebnis sorgt. Gerade in hart um­kämpften Branchen, in denen selbst kleine Fehler be­straft werden, kann dies Ver­trauen schaffen und eine positive Marken­wahrnehmung verstärken.

Kundenerlebnis optimieren

In diesem dritten Schritt können Unter­nehmen das ganze Potenzial der Kulturalisierung aus­schöpfen, um sich von der Kon­kurrenz deut­lich ab­zuheben. Ge­schichte, Kontext und Kultur fließen hier in einem für die Kund­schaft rundum über­zeugenden Ver­kaufs­argument zusammen.

Angenommen, ein Produkt eines Unter­nehmens zeichnet sich durch fünf Allein­stellungs­merkmale aus. Einige davon sind jedoch nur für Kunden in be­stimmten Ländern nützlich, in anderen Ländern da­gegen eher weniger. Tan rät Marken ein­dringlich, gründ­lich zu recherchieren, die Präferenzen jedes Marktes genau zu be­stimmen und Marketing­materialien (und mitunter sogar Produkte) ent­sprechend an­zupassen, um lokalen Kunden das best­mögliche Erlebnis zu bieten.

Glücklicherweise stehen heute riesige Menge an Daten zur Ver­fügung, die die Kulturalisierung er­heblich ver­einfachen. Ob anhand von Website-Traffic-Daten oder in Onlineforen – Tan zufolge lässt sich Markt­forschung heut­zutage per Mausklick be­treiben. Führende Unter­nehmen be­treiben durchaus be­trächtlichen Auf­wand, um an aus­sage­kräftige In­formationen zu gelangen.

Tan nennt das Beispiel IKEA: Bevor sich das Unter­nehmen auf den indischen Markt wagte, ent­sandte es Mit­arbeiter, die eine Zeit­lang dort leben sollten. Diese sammelten vor Ort Insider­erfahrungen und halfen dem Einzel­handels­riesen so, die An­forderungen der lokalen Kund­schaft bis ins Detail zu ergründen.

Dadurch wurde klar, „dass indische Frauen im Schnitt kleiner sind als Euro­päerinnen oder Ame­rikanerinnen, weshalb Schränke und Oberflächen auf etwas niedrigerer Höhe prä­sentiert werden“, so Tan. „Nicht nur die an­gebotenen Pro­dukte wer­den an­gepasst, sondern auch das operative Geschäft, das Marketing und die Unter­nehmensstrategie.“

Daten wie diese flossen in alle Ent­scheidungen ein, die das Unter­nehmen traf, um einen er­folg­reichen Markt­einstieg zu gewährleisten.

Neugier ist die Mutter des Erfolgs

Unternehmen mit erfolgreicher Kulturalisierung sind stets neu­gierig und haben immer ein Ohr an ihrer lokalen Kund­schaft. „Es ist immer gut, die Lage zu beo­bachten und sich zu fragen: Wie denken Kunden über etwas? Oder warum verhalten sie sich auf eine be­stimmte Weise?“, so Tan. Es geht also nicht nur um die An­forderungen des Kunden, sondern auch um seine Be­weg­gründe – nur wer sie ver­steht, kann einen Ziel­markt effektiver er­schließen als seine Mit­bewerber. Kulturalisierung be­deutet, dass Marken besser Ver­trauen und Authentizität schaffen, kulturelle Er­wartungen er­füllen und das Kunden­erlebnis optimieren können.

 

Weitere Einblicke von Chui Chui Tan zum Thema Kulturalisierung finden Sie in der vollständigen Podcast-Folge. Wenn Sie über künftige Folgen auf dem Laufenden bleiben möchten, können Sie hier den Podcast „Globally Speaking“ abonnieren. Unser Podcast „Globally Speaking“ wird in englischer Sprache produziert.